Die Mischung machts: Auf dem Weg zur Green Mobility
Langfristig ist die Vision Mobilitätswende nur durch das Zusammenspiel mehrerer grüner Verkehrsmittel möglich. Warum die Corona-Krise zeigt, dass bei der Verkehrsplanung vernetztes Denken wichtig ist, erklärt Torsten Perner.
Für mich ist Mobilitätsplanung wie Tortenbacken: Auch wenn es für Fototermine auf die schönen Verzierungen und die Oberfläche ankommt – wenn beim Aufschneiden die Torte auseinanderfällt, wird der Konditor auf lange Sicht keinen Umsatz machen. Auch für Entscheider in den Kommunen sind Leuchtturmprojekte zur eigenen Sichtbarkeit zwar wichtig, aber ohne den richtigen Unterbau bleiben solche Projekte langfristig ineffizient. Sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch hinsichtlich des aufzuwendenden Budgets. Und genauso wie ein Tortenboden nicht nur aus einer Zutat besteht, müssen auch in der Stadtplanung verschiedene Verkehrsträger aufeinander abgestimmt werden. Fehlt eine Zutat, oder werden wichtige Bestandteile zu viel eingesetzt, ist es schnell vorbei mit dem Tortenzauber. Doch raus aus der Backstube, rein in die Praxis. In die Praxis der nachhaltigen Mobilitätswende.
Bei Ramboll ist eine ganzheitliche Planung unter Berücksichtigung aller Verkehrsmittel die einzige Herangehensweise, um eine grüne Mobilitätswende zu verwirklichen. Jede Fortbewegungsart hat eigene Vorteile – das Ziel sollte es meiner Meinung nach nicht sein, einzelne Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen, sondern ein ganzheitliches Konzept zu entwickeln, das individuellen Gegebenheiten Rechnung trägt.
Nachholbedarf bei grüner Verkehrsplanung
Die Corona-Krise zeigt eindrücklich, dass es vielen Kommunen an einem solchen Konzept mangelt. Der nach dem Lockdown wieder ansteigende Autoverkehr wird weiterhin zu Staus sowie schlechter Luft an den Hauptverkehrsadern führen. Gleichzeitig zeigen verstopfte Radwege in Großstädten wie München oder Berlin den Nachholbedarf beim Ausbau des Radnetzes auf. Busse und Bahnen verzeichneten dagegen einen Einbruch ihrer Fahrgastzahlen – genau deshalb wurde deutlich, wie wichtig ein funktionierender ÖPNV ist, um die Ansteckungsgefahr durch überfüllte Züge zu minimieren. Ich denke, dass uns die letzten Monate noch einmal vor Augen geführt haben, dass der Weg zu einer klimaschonenden und flexiblen Green Mobility für lebenswerte Städte unausweichlich ist.
Doch was ist Green Mobility? Sie umfasst die CO2-armen Fortbewegungsmittel Fuß, Rad, ÖPNV sowie gemeinschaftlich genutzte E-Auto bzw. -Scooter. Vor allem in Städten wurde in den letzten Jahrzehnten viel öffentlicher Raum durch Parkplätze und Straßen für den Autoverkehr belegt. Grüne Technologie bietet gegenüber individuell genutzten Autos die Möglichkeiten, mehr Menschen schneller, platzsparender und vor allem klimafreundlicher zu transportieren. Stadtplaner werden sich daher künftig weniger mit dem Verteilungskampf ÖPNV vs. klassischer Autoverkehr, sondern immer mehr mit einer sinnvollen Aufteilung der knappen Flächen beschäftigen. Green Mobility liefert hier den entscheidenden Vorteil, sowohl Radwege als auch Busspuren oder Stadtbahnen sind wesentlich leistungsfähiger als Kfz-Spuren. Meiner Meinung ist dies der Schlüssel für grüne und effiziente Mobilität. Werden Flächen durch effizientere Verkehrsmittel genutzt, verschwinden viele der heute üblichen Probleme wie Stau und schlechte Luft und andere Nutzungen werden möglich; sowohl für spielende Kinder als auch für innovative unternehmerische Ideen. Dabei darf nicht ein entweder oder, sondern ein gezieltes Aussteuern der individuellen Vorteile sein. Wie beim Tortenbacken: Nur bei einem guten Verhältnis der Zutaten ist die Voraussetzung gegeben, dass es lecker wird.
Leider sehe ich im Konjunkturpaket der Bundesregierung ein eher eindimensionales Denken widergespiegelt. Dort enthalten sind Zuschüsse für den Ausbau der E-Mobilität und des ÖPNV – Rad- oder Fußverkehr werden mit keinem Wort erwähnt. Das sollte und kann besser, kreativer und wirkungsvoller – und vor allem holistischer gemacht werden.
Weg von den Silos, hin zur Integrated Green Mobility
Maßnahmen, die Abgase, Flächenverbrauch und Lärm reduzieren stehen meiner Ansicht nach nicht in Konkurrenz zueinander, sondern entfalten ihre Wirkung vor allem gemeinsam. So ist eine Stadtbahn dann eine Bereicherung, wenn an den Stationen ausreichend Fahrradstellplätze vorhanden sind, um die letzten Kilometer zur Arbeit oder nach Hause per Fahrrad zurücklegen zu können. Und Radschnellwege sind vor allem sinnvoll, wenn sie über direkte Anschlüsse an Mobility Hubs zum unkomplizierten Wechsel auf andere Fortbewegungsmittel verfügen. Ich halte es daher für das maßgebende Ziel einer nachhaltigen Stadtplanung, nicht nur einzelne Verkehrswege auszubauen, sondern diese Wege aufeinander abzustimmen. Dies macht den Weg frei für eine Integrated Green Mobility, in der viele Win-Win-Situationen bei der Mobilität entstehen können.
Moderne Städte werden meiner Meinung nach nicht von einem oder zwei Verkehrsmitteln geprägt werden, sondern vom Zusammenspiel vieler grüner Technologien profitieren. Ramboll verfolgt diesen Ansatz schon seit langem. Lasst uns also gemeinsam die richtigen Lösungen für die Mobilität der Zukunft finden!